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Klaus-Günter Schultz · musikalische Beruf(ung)

Tix & Co / Cleopanther (politische Musik, 1982 - 1986)

Im Januar 1982 lernte ich die Jazz-Sängerin Renate Tix kennen. Wir probten gleich am ersten Tag etliche Stunden eine ihrer Eigenkompositionen, wobei Renate die Melodie hatte und ich mir die passende Begleitung einfallen ließ: Mit Brot und Rosen, dessen englischer Originaltext aus der Arbeiterbewegung in New England 1912 stammt, entstand unser erstes Latin-Jazz-Stück, gefolgt von Isolation, das die Verlorenheit in der modernen Stadt thematisierte. Dazu gesellten sich entsprechende Cover-Versionen zeitgenössischen Lieder, etwa von Uschi Flacke. Auch das Farbenspiel von Emotionen probierten wir in einer Tix-eigenen Fassung.

Renate und Klaus beim Ostermarsch ca. 1984

Bei Renates deutschen und bayrischen Texten ging es um Frieden, Berufsverbot, Frauenfrage, menschliche Beziehungen, Vertrauen in die eigene Kraft usw. In Manuel Okroy † fanden wir sehr bald den passenden Drummer, dazu kamen am Bass Gerd Golumbek und am Saxofon Rolli Weißnichtmehrwie. Weitere Stücke waren Früh in der Früh, Saturday night im Atom-Fieber (ein Funk-Tango) sowie Arbeit und Leben (ups, die Harmonien hatte ich unbewusst angelehnt an The Sea Is My Soul meiner Lieblings-Sängerin Astrud Gilberto †, deren Konzert Renate und ich später einmal besuchten).

Wir traten auf Friedensfesten, Oster-Märschen – immer unter Aufsicht des BfV – , beim Weltfrauentag, auf dem Pfingstcamp sowie bei Künstler für den Frieden auf, nach einiger Zeit nur noch zu zweit als Renate und Klaus. Gelegentlich spielten wir auch in unserem Stammlokal Kytaro in München Haidhausen, das jahrelang unser gemeinsames Wohnzimmer war.

Von Renates vibratoreichem Timbre war ich immer sehr angetan. Das ging nicht jedem so: Bei einem Auftritt im Wirtshaus im Hart war der Kabarettist Ottfried Fischer zugegen und stöhnte A na, des derpack i net...

1985 stieg Manolo wieder mit ein, diesmal an den Congas. Wir nannten uns nun Cleopanther nach meiner Siam-Burma-Katze Cleopatra. Das Logo ist eine Kreation meiner Freundin Antje Stephan. Hinter der Sanftheit lauert die Power, Geschmeidigkeit und Direktheit beim Zupacken lautete das Motto unseres Trios.

Ein Trio waren wir auch im wahren Leben – ein Trio Infernale. Es war eine ausgelassene Zeit: In manchen Großstadt-Nächten gab es keinen Schlaf, ich weiß nicht mehr, wie ich überhaupt tagsüber arbeiten konnte. Am tollsten ging es während des Münchner Faschings zu. Von Gründonnerstag bis Aschermittwoch (jawohl, im Max-Kade-Haus in der Studentenstadt Freimann war dienstags noch nicht Schluss!) war quasi durchgehend Party angesagt.

Am 31.10.1985 bei einer politischen Veranstaltung in München Giesing (?) hatten wir folgendes Programm, bei dem uns ein junger türkischer Saz-Spieler begleitete:

Zyklopen Rock 1979 am Gymnasium Puchheim (Foto: unbekannt)
Brot und Rosen - Renate Tix
Isolation - Renate Tix
Neutronennebel - Renate Tix
Denunzianten-Lied - Renate Tix
Lily Marlen - Lale Andersen
Feminal-Tango - Hazy Osterwald / Renate Tix
Oranienburg - Peter Maiwald / Uschi Flacke
Am Grunde der Isar - ?
Verfassungslied - Lok Kreuzberg
Emotionen - Renate Tix
Unter dem Pflaster - Schneewittchen
Bayrisches Mut-Lied - Renate Tix
Dove volo l'avvoltoio - Italo Calvino / Sergio Liberovici
Sotiri Petroula - Mikis Theodorakis

Warum wir 1986 musikalisch auseinander gingen weiß ich nicht mehr; vielleicht wegen politischer Differenzen (Bandiera rossa ging für mich eigentlich gar nicht). Die nächste Band gab's für mich erst ein paar Jahre später. Wir blieben jedoch eng befreundet; bei Renates Hochzeits-Fete 1990 gab es eine Musiker-Session, unter anderem mit Manuel und Regina Götze von Emotionen.