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Klaus-Günter Schultz · musikalische Beruf(ung)

aller Anfang ist schwer... (1963 - 1972)

Seit 1962 hörte ich jeden Montag Abend die Schlager der Woche im RIAS Berlin und nahm viele Titel auf Tonband auf (garantiert in mono), so dass mein Archiv ständig anwuchs. In meinem Kinderzimmer hatte ich ein Klavier und begann 1963 mit dem Unterricht. Der hielt aber nicht lange an (Diagnose: Lustlosigkeit), was ich in späteren Jahren natürlich bereute. Den alten Klimperkasten sägten mein Papa und ich in den 60ern auseinander, und er wurde verschrottet – grausam.

Mit 12 Jahren bekam ich meine erste Akustik-Gitarre und brachte mir mit Hilfe eines Mitschülers die ersten Akkorde bei. Ich nahm Gitarrenunterricht in Tempelhof (Fahrzeit mit der S-Bahn hin und zurück jeweils 1 Stunde) und lernte als erstes – gaaaaaanz laaaangsaaam – die Melodie von Mood Indigo (Duke Ellington), anschließend ebenso lahm vom Lehrer dargeboten (mit etwa 42 bpm) die eines Beat-Stückes. Erkannt hatte ich es nicht; erst später wurde mir klar, dass es sich um eines der ersten Punk-Stücke, nämlich You really got me von den Kinks (137 bpm) handelte... So beschloß ich, mich weiterhin autodidaktisch zu vervollkomnen.

Jugendbude mit zwei Gitarren und einem Tonbandgerät ca. 1965

Jugendbude mit zwei Gitarren und einem Tonbandgerät ca. 1965

Schon in der Jugend gingen die Instrumente bei mir ein und aus – Klavier, Hohner Pianet N, A- und E-Gitarren, Bässe. Mit 14 Jahren, also 1967, begann ich mit dem Elektronik-Basteln. Als erstes baute ich einen Fuzz in einem Blechgehäuse, von dem ich über eine Zeitungsanzeige einige verkaufen konnte. Mittels eines Kurbel-Gestells wickelte ich sehr feine Kupferdrähte auf Magnetkerne und stellte mir so die Spulen für ein selbstgebautes Wah-Wah her.

mein erster (1969, hinter der 12saitigen Ariana) und mein zweiter Eigenbau-Verstärker (1972, hinter der Framus Strat)

mein erster (1969, hinter der 12saitigen Ariana) und mein
zweiter Eigenbau-Verstärker (1972, hinter der Framus Strat)

Da ich das Vierspur-Tonbandgerät meines Vaters benutzen durfte, verbrachte ich viel Zeit mit Multiplayback-Aufnahmen bekannter Stücke (z. B. New York mining disaster 1941, Petite fleur, Here, there and everywhere, I'm a believer, God save the Queen, On a carousel, Hey Jude), die einem neutralen Zuhörer (und meinen Eltern) sicherlich grauenvoll vorkamen – machte aber viel Spaß.

Dann ging es mit Verstärkern und Boxen los. Der erste Amp war ein Bausatz von Radio RIM. Aber ich bestellte nicht das Set, sondern kaufte alle Bauteile nach dem RIM-Schaltplan bei Radio Arlt in Charlottenburg und lötete ihn ohne Platine, nur mit Luftverdrahtung, zusammen (oh oh). Leider funktionierte er nicht, und ich hatte die wahnwitzige Idee, bei der Funktechnik, eine rennomierte Fachzeitschrift für Radio-, Fernseh-, Audio- und Hifi-Technik, anzurufen und um Hilfe zu bitten.

Das Unglaubliche geschah: Ein Redakteur nahm sich meiner an und holte mich samt Verstärker zu sich in seine riesige schicke Altbauwohnung. Dort hatte er ein Zimmer mit Audio-Meßplatz, wo er sehr schnell den Fehler in der Schaltung herausfand und korrigierte. Dann führte er mir im Wohnzimmer sein aktuelles Testobjekt vor, einen HiFi-Verstärker der oberen Klasse – mir klappte der Kiefer 'runter.

Meinem zweiten Verstärker gönnte ich dann auch eine richtige Leiterplatte; beim Layouten mit klebrigen Bändern und Punkten sowie Reibesymbolen (CAD gab es noch nicht) waren immer die Dame mit Hund und das Mädchen dabei (siehe unter etc.).

Fender Telecaster mit roter Box 1972

Fender Telecaster mit roter Box 1972. Heute könnte ich mich in den
Hintern beißen, dass ich meine alten Gitarren und Bässe nicht behalten
habe – die Tele hätte ich vielleicht zur Micawber II umgebaut...

Mein Amp mit der roten Front (daher vermutlich der Begriff Rotfront ;-) und die erste rote Gitarrenbox mit zwei 12-Zoll-Speakern von Celestion (gab's für jeweils einen Hunni bei Radio Atzert in Kreuzberg) waren ein gutes, weil lautes Gespann. Bitter wurde es für meinen Vater vor allem dann, wenn nach Man of many faces (Christie) vom Tonband Brown sugar (Rolling Stones) kam, denn das ging nicht ohne einen Rechtsdreher des Master-Volumes.

Deutschrock 1973: Fender Telecaster Deluxe, Akustik-Klampfe und Eko-Bass

Deutschrock 1973: Fender Telecaster Deluxe, Akustik-Klampfe und Eko-Bass

Die ersten Versuche einer Bandgründung in der Schule schlugen fehl, denn keiner hatte Geld für die notwendigen Geräte. Immerhin spielten besagter Mitschüler und ich im Duo während unserer Klassenfahrt auf Akustik-Klampfen, und den anderen gefiel es.

Erst 1972 nach dem Umzug von Berlin nach Puchheim bei München fand ich Musiker mit Equipment. Das erste Stück, das ich jemals in einer Band übte, war Black Sabbath von Black Sabbath – frach nich wie's war... Der zweite Titel Summertime Blues begann mit einem lockeren Country-Intro und mündete erbarmungslos in der Blue Cheer-Fassung. Als drittes hatten wir I am the walrus à la Spooky Tooth.

Unser zweiter Gitarrist ging uns verloren; keine Ahnung mehr warum. Der Schlagzeuger erzählte eines Tages von einem Organisten, der eine Rockmesse komponiert hatte. Das fanden wir interessant.